SWG Kunstlexikon
TOTENTANZ UND GLÜCK
RÄTSEL DER VERGÄNGLICHKEIT
Mirko Schallenberg, Memento, 2023, Stillleben, Öl auf Leinwand, 95 cm x 100 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Empedokles (Brandenburger Tor), 2002 Öl auf Leinwand 190 cm x 190 cm, Galerie Cyprian Brenner
Die Galerie Cyprian Brenner (GCB) zeigte in den preisgekrönten
Räumlichkeiten ihrer Hauptniederlassung in Niederalfingen ab 09.
Oktober 2022 eine hochkarätige Präsentation zweier herausragender
Maler. Reflexiv entfaltet die Ausstellung „Totentanz und Glück – Rätsel der Vergänglichkeit“ einen Rahmen für eine konstruktive Auseinand-ersetzung mit unserer eigenen Endlichkeit. Die marktbewährte Malerei von Mirko Schallenberg korrespondiert mit der modernen Kunst von Max Kaminski, dessen Nachlass die GCB exklusiv vertritt. Schallenbergs realistisch-illusorische Stillleben und der suchend-expressive Malstil Kaminskis, bilden einen visuellen Reichtum an verborgenen Schätzen, der das (verlorene) Gleichgewicht von Melancholie und Euphorie in unserer Kultur untersucht. Wagen wir uns auf das Gebiet, uns mit unserer eigenen Vergänglichkeit und der der anderen, der des Lebens im Allgemeinen, auseinanderzusetzen, werden wir feststellen, dass sich in unserem alltäglichen Leben hierzu kaum noch eine Möglichkeit bietet. Obwohl der, aus der Antike bekannte Philosoph Platon, die Angst vor der eigenen Sterblichkeit als den wichtigsten Antrieb für menschliche Schaffenskraft ansah, erleben wir heute, zweieinhalbtausend Jahre später, unser eigenes Ende womöglich noch als unausweichlich bevorstehende persönliche Niederlage, für die es (momentan zumindest) keine Lösung gibt. Unsere selbstoptimierte, auf Effizienz getrimmte und ins Positive ausgerichtete Lebensweise verhindert oft eine direkte oder indirekte Konfrontation mit unserer eigenen Endlichkeit und bringt uns in Situationen, in denen wir nicht mehr wissen, was die Antwort ist oder wie wir mit der Ungewissheit und unserer eigenen Verletzlichkeit umzugehen haben. Sicher bietet manchen von uns der Glaube Trost, doch längst nicht jeder findet Zugang zur Religion. Ihnen könnte es wie dem englischen Schriftsteller Julian Barnes ergehen, der diesem Gefühl, im Angesicht der Ungewissheit und dem Unverfügbaren, folgenden Ausdruck verlieh: „Ich glaube nicht an Gott, aber ich vermisse ihn.“ Die Philosophie, sowie aber auch die Kunst bietet uns glücklicherweise die Möglichkeit, in eine Reflexionsebene über dieses Unverfügbare zu gelangen, welche uns mit einer Art „Boden unter den Füßen“ versorgt, der nicht mehr darauf angewiesen ist, Erklärungen zu liefern. Vielmehr entspricht in der Bildenden Kunst das Ergebnis der Reflexion, die entstandene Arbeit also, eher einem Gedicht, welches erst durch die individuelle Interpretation seine Kraft entfaltet. Mirko Schallenberg und Max Kaminski nähern sich der Unverfügbarkeit aus je zwei sich gegenüberstehenden Polen: Schallenberg bearbeitet mit seinen übergroßen, mit spürbarer Haptik dargestellten Gegenstände das Sein und der rote Faden in der expressiven Gegenständlichkeit von Kaminski heißt Vergänglichkeit.
Mirko Schallenberg gelingt es mit seiner illusionistischen Architektur-malerei die Oberfläche und Räumlichkeit der Objekte körperlich regelrecht spürbar zu gestalten. Die Gegenstände in den Arbeiten von Schallenberg erzählen uns durch ihre besondere Anordnung auf subtile Weise Geschichten vom Verlust der magischen Welt und beweisen gleichzeitig wiederum ihre Existenz, indem sie die philosophische Frage nach dem Sein aufwerfen. Wie generiert sich unsere Realität? Gibt es ein Grundprinzip, das sich hinter den real existierenden Dingen verbirgt oder handelt es sich um rein verstandesgemäße Begriffsbildungen? Glasklar sehen wir Schallenbergs Stillleben vor uns und doch bleiben sie restlos undurchsichtig. Im Verhältnis der Gegenstände zueinander, in ihren Konstellationen also, verbirgt sich das Rätsel des Unverfügbaren. So manche Labilität der Anordnung einiger Gegenstände beleuchtet möglicherweise unvermeidbare Veränderungsprozesse oder sogar die erneuernde und gestaltende Kraft der Zerstörung. Gleichzeitig erinnern die Stilleben aber auch an die Metaphysik, an einen Kosmos reich an Konstellationen, und voll von ungelösten Rätseln.
KUNSTWERKE MIRKO SCHALLENBERG
Mirko Schallenberg, Erdung, 2021, Stillleben, Öl auf Leinwand, 155 cm x 165 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Mirko Schallenberg, Morphe, 2019, Stillleben, Öl auf Leinwand, 146 cm × 160 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Mirko Schallenberg, Resonanz, 2020, Stillleben, Öl auf Leinwand, 165 cm x 160 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Mirko Schallenberg, Bedingung, 2023, Stillleben, Stillleben, 125 cm x 170 cm, Öl auf Leinwand, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Meisterschüler des Informel (von Hann Trier), hat sich bereits in den 1960er Jahren gegen die damalige Dogmatik der gegenstandslosen Abstraktion und für die entsprechend als radikal angesehene Stilrichtung der Gegenständlichkeit entschieden. Kaminski etablierte die Suche nach Wahrheit, ohne dabei an endgültigen Antworten festzuhalten, sogar als malerisches Prinzip: die vielschichtigen Ebenen in seiner zeichnerischen Malerei erneuern sich im verändernden Schaffensprozess und haben so Selbstzerstörung, als auch das stete Sich-Erneuern innewohnend. Kaminskis Bildmotive bearbeiten die Vergäng-lichkeit der Natur, polyperspektivische Sichtweisen auf Gegenstände, als auch die Sterblichkeit des Menschen. In häufig fragmentarisch-kubistischer Anmutung spielt die menschliche Figur vor allem in Kaminskis späteren Schaffensperioden die Hauptrolle. Insbesondere das widersprüchliche Spannungsfeld von Agilität und Stabilität, der ur-menschliche Widerspruch des Bedürfnisses nach Bindung und Freiheit hat es Kaminski angetan. In seiner eigenen Beschreibung von Ewigkeit kulminiert seine obsessive malerische Suche, die er tagein, tagaus in ganz preußischer Manier auf seinen Leinwänden festhält: „Das Paradies ist eine Mischung aus Totentanz und Glück.“
KUNSTWERKE MAX KAMINSKI
Max Kaminski, Notre Dame (Marseille), 2003, Öl auf Leinwand, 190 cm x 190 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Brautwerbung, 1999, Öl auf Leinwand, 160 cm x 160 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Empedokles (Marseille), 2001, Öl auf Leinwand, 190 cm x 140 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Schädel (Eisenband, Garten), 1977, Öl auf Leinwand, 160 cm x 150 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Beide Maler kultivieren in ihren Arbeiten das Rätsel der Vergänglichkeit und so findet auch hierin die essenzielle Kulturtechnik Melancholie ihre Daseinsberechtigung. Die Melancholie ist deshalb essenziell, weil ihr eine Kraft innewohnt, die es uns erlaubt, Trauer zu kultivieren. Werden Trauerprozesse nicht genügend Raum geboten, können wir sie nicht abschließen und so scheitern wir gegebenenfalls bei der Suche, wieder
einen möglichen Anfang oder gar einen Sinn im Neubeginn zu finden.
TOTENTANZ UND GLÜCK
RÄTSEL DER VERGÄNGLICHKEIT
Mirko Schallenberg, Memento, 2023, Stillleben, Öl auf Leinwand, 95 cm x 100 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Empedokles (Brandenburger Tor), 2002 Öl auf Leinwand 190 cm x 190 cm, Galerie Cyprian Brenner
Die Galerie Cyprian Brenner (GCB) zeigte in den preisgekrönten
Räumlichkeiten ihrer Hauptniederlassung in Niederalfingen ab 09.
Oktober 2022 eine hochkarätige Präsentation zweier herausragender
Maler. Reflexiv entfaltet die Ausstellung „Totentanz und Glück – Rätsel der Vergänglichkeit“ einen Rahmen für eine konstruktive Auseinand-ersetzung mit unserer eigenen Endlichkeit. Die marktbewährte Malerei von Mirko Schallenberg korrespondiert mit der modernen Kunst von Max Kaminski, dessen Nachlass die GCB exklusiv vertritt. Schallenbergs realistisch-illusorische Stillleben und der suchend-expressive Malstil Kaminskis, bilden einen visuellen Reichtum an verborgenen Schätzen, der das (verlorene) Gleichgewicht von Melancholie und Euphorie in unserer Kultur untersucht. Wagen wir uns auf das Gebiet, uns mit unserer eigenen Vergänglichkeit und der der anderen, der des Lebens im Allgemeinen, auseinanderzusetzen, werden wir feststellen, dass sich in unserem alltäglichen Leben hierzu kaum noch eine Möglichkeit bietet. Obwohl der, aus der Antike bekannte Philosoph Platon, die Angst vor der eigenen Sterblichkeit als den wichtigsten Antrieb für menschliche Schaffenskraft ansah, erleben wir heute, zweieinhalbtausend Jahre später, unser eigenes Ende womöglich noch als unausweichlich bevorstehende persönliche Niederlage, für die es (momentan zumindest) keine Lösung gibt. Unsere selbstoptimierte, auf Effizienz getrimmte und ins Positive ausgerichtete Lebensweise verhindert oft eine direkte oder indirekte Konfrontation mit unserer eigenen Endlichkeit und bringt uns in Situationen, in denen wir nicht mehr wissen, was die Antwort ist oder wie wir mit der Ungewissheit und unserer eigenen Verletzlichkeit umzugehen haben. Sicher bietet manchen von uns der Glaube Trost, doch längst nicht jeder findet Zugang zur Religion. Ihnen könnte es wie dem englischen Schriftsteller Julian Barnes ergehen, der diesem Gefühl, im Angesicht der Ungewissheit und dem Unverfügbaren, folgenden Ausdruck verlieh: „Ich glaube nicht an Gott, aber ich vermisse ihn.“ Die Philosophie, sowie aber auch die Kunst bietet uns glücklicherweise die Möglichkeit, in eine Reflexionsebene über dieses Unverfügbare zu gelangen, welche uns mit einer Art „Boden unter den Füßen“ versorgt, der nicht mehr darauf angewiesen ist, Erklärungen zu liefern. Vielmehr entspricht in der Bildenden Kunst das Ergebnis der Reflexion, die entstandene Arbeit also, eher einem Gedicht, welches erst durch die individuelle Interpretation seine Kraft entfaltet. Mirko Schallenberg und Max Kaminski nähern sich der Unverfügbarkeit aus je zwei sich gegenüberstehenden Polen: Schallenberg bearbeitet mit seinen übergroßen, mit spürbarer Haptik dargestellten Gegenstände das Sein und der rote Faden in der expressiven Gegenständlichkeit von Kaminski heißt Vergänglichkeit.
Mirko Schallenberg gelingt es mit seiner illusionistischen Architektur-malerei die Oberfläche und Räumlichkeit der Objekte körperlich regelrecht spürbar zu gestalten. Die Gegenstände in den Arbeiten von Schallenberg erzählen uns durch ihre besondere Anordnung auf subtile Weise Geschichten vom Verlust der magischen Welt und beweisen gleichzeitig wiederum ihre Existenz, indem sie die philosophische Frage nach dem Sein aufwerfen. Wie generiert sich unsere Realität? Gibt es ein Grundprinzip, das sich hinter den real existierenden Dingen verbirgt oder handelt es sich um rein verstandesgemäße Begriffsbildungen? Glasklar sehen wir Schallenbergs Stillleben vor uns und doch bleiben sie restlos undurchsichtig. Im Verhältnis der Gegenstände zueinander, in ihren Konstellationen also, verbirgt sich das Rätsel des Unverfügbaren. So manche Labilität der Anordnung einiger Gegenstände beleuchtet möglicherweise unvermeidbare Veränderungsprozesse oder sogar die erneuernde und gestaltende Kraft der Zerstörung. Gleichzeitig erinnern die Stilleben aber auch an die Metaphysik, an einen Kosmos reich an Konstellationen, und voll von ungelösten Rätseln.
KUNSTWERKE MIRKO SCHALLENBERG
Mirko Schallenberg, Erdung, 2021, Stillleben, Öl auf Leinwand, 155 cm x 165 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Mirko Schallenberg, Morphe, 2019, Stillleben, Öl auf Leinwand, 146 cm × 160 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Mirko Schallenberg, Resonanz, 2020, Stillleben, Öl auf Leinwand, 165 cm x 160 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Mirko Schallenberg, Bedingung, 2023, Stillleben, Stillleben, 125 cm x 170 cm, Öl auf Leinwand, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Meisterschüler des Informel (von Hann Trier), hat sich bereits in den 1960er Jahren gegen die damalige Dogmatik der gegenstandslosen Abstraktion und für die entsprechend als radikal angesehene Stilrichtung der Gegenständlichkeit entschieden. Kaminski etablierte die Suche nach Wahrheit, ohne dabei an endgültigen Antworten festzuhalten, sogar als malerisches Prinzip: die vielschichtigen Ebenen in seiner zeichnerischen Malerei erneuern sich im verändernden Schaffensprozess und haben so Selbstzerstörung, als auch das stete Sich-Erneuern innewohnend. Kaminskis Bildmotive bearbeiten die Vergäng-lichkeit der Natur, polyperspektivische Sichtweisen auf Gegenstände, als auch die Sterblichkeit des Menschen. In häufig fragmentarisch-kubistischer Anmutung spielt die menschliche Figur vor allem in Kaminskis späteren Schaffensperioden die Hauptrolle. Insbesondere das widersprüchliche Spannungsfeld von Agilität und Stabilität, der ur-menschliche Widerspruch des Bedürfnisses nach Bindung und Freiheit hat es Kaminski angetan. In seiner eigenen Beschreibung von Ewigkeit kulminiert seine obsessive malerische Suche, die er tagein, tagaus in ganz preußischer Manier auf seinen Leinwänden festhält: „Das Paradies ist eine Mischung aus Totentanz und Glück.“
KUNSTWERKE MAX KAMINSKI
Max Kaminski, Notre Dame (Marseille), 2003, Öl auf Leinwand, 190 cm x 190 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Brautwerbung, 1999, Öl auf Leinwand, 160 cm x 160 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Empedokles (Marseille), 2001, Öl auf Leinwand, 190 cm x 140 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Schädel (Eisenband, Garten), 1977, Öl auf Leinwand, 160 cm x 150 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Beide Maler kultivieren in ihren Arbeiten das Rätsel der Vergänglichkeit und so findet auch hierin die essenzielle Kulturtechnik Melancholie ihre Daseinsberechtigung. Die Melancholie ist deshalb essenziell, weil ihr eine Kraft innewohnt, die es uns erlaubt, Trauer zu kultivieren. Werden Trauerprozesse nicht genügend Raum geboten, können wir sie nicht abschließen und so scheitern wir gegebenenfalls bei der Suche, wieder
einen möglichen Anfang oder gar einen Sinn im Neubeginn zu finden.
TOTENTANZ UND GLÜCK
RÄTSEL DER VERGÄNGLICHKEIT
Mirko Schallenberg, Memento, 2023, Stillleben, Öl auf Leinwand, 95 cm x 100 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Empedokles (Brandenburger Tor), 2002 Öl auf Leinwand 190 cm x 190 cm, Galerie Cyprian Brenner
Die Galerie Cyprian Brenner (GCB) zeigte in den preisgekrönten
Räumlichkeiten ihrer Hauptniederlassung in Niederalfingen ab 09.
Oktober 2022 eine hochkarätige Präsentation zweier herausragender
Maler. Reflexiv entfaltet die Ausstellung „Totentanz und Glück – Rätsel der Vergänglichkeit“ einen Rahmen für eine konstruktive Auseinand-ersetzung mit unserer eigenen Endlichkeit. Die marktbewährte Malerei von Mirko Schallenberg korrespondiert mit der modernen Kunst von Max Kaminski, dessen Nachlass die GCB exklusiv vertritt. Schallenbergs realistisch-illusorische Stillleben und der suchend-expressive Malstil Kaminskis, bilden einen visuellen Reichtum an verborgenen Schätzen, der das (verlorene) Gleichgewicht von Melancholie und Euphorie in unserer Kultur untersucht. Wagen wir uns auf das Gebiet, uns mit unserer eigenen Vergänglichkeit und der der anderen, der des Lebens im Allgemeinen, auseinanderzusetzen, werden wir feststellen, dass sich in unserem alltäglichen Leben hierzu kaum noch eine Möglichkeit bietet. Obwohl der, aus der Antike bekannte Philosoph Platon, die Angst vor der eigenen Sterblichkeit als den wichtigsten Antrieb für menschliche Schaffenskraft ansah, erleben wir heute, zweieinhalbtausend Jahre später, unser eigenes Ende womöglich noch als unausweichlich bevorstehende persönliche Niederlage, für die es (momentan zumindest) keine Lösung gibt. Unsere selbstoptimierte, auf Effizienz getrimmte und ins Positive ausgerichtete Lebensweise verhindert oft eine direkte oder indirekte Konfrontation mit unserer eigenen Endlichkeit und bringt uns in Situationen, in denen wir nicht mehr wissen, was die Antwort ist oder wie wir mit der Ungewissheit und unserer eigenen Verletzlichkeit umzugehen haben. Sicher bietet manchen von uns der Glaube Trost, doch längst nicht jeder findet Zugang zur Religion. Ihnen könnte es wie dem englischen Schriftsteller Julian Barnes ergehen, der diesem Gefühl, im Angesicht der Ungewissheit und dem Unverfügbaren, folgenden Ausdruck verlieh: „Ich glaube nicht an Gott, aber ich vermisse ihn.“ Die Philosophie, sowie aber auch die Kunst bietet uns glücklicherweise die Möglichkeit, in eine Reflexionsebene über dieses Unverfügbare zu gelangen, welche uns mit einer Art „Boden unter den Füßen“ versorgt, der nicht mehr darauf angewiesen ist, Erklärungen zu liefern. Vielmehr entspricht in der Bildenden Kunst das Ergebnis der Reflexion, die entstandene Arbeit also, eher einem Gedicht, welches erst durch die individuelle Interpretation seine Kraft entfaltet. Mirko Schallenberg und Max Kaminski nähern sich der Unverfügbarkeit aus je zwei sich gegenüberstehenden Polen: Schallenberg bearbeitet mit seinen übergroßen, mit spürbarer Haptik dargestellten Gegenstände das Sein und der rote Faden in der expressiven Gegenständlichkeit von Kaminski heißt Vergänglichkeit.
Mirko Schallenberg gelingt es mit seiner illusionistischen Architektur-malerei die Oberfläche und Räumlichkeit der Objekte körperlich regelrecht spürbar zu gestalten. Die Gegenstände in den Arbeiten von Schallenberg erzählen uns durch ihre besondere Anordnung auf subtile Weise Geschichten vom Verlust der magischen Welt und beweisen gleichzeitig wiederum ihre Existenz, indem sie die philosophische Frage nach dem Sein aufwerfen. Wie generiert sich unsere Realität? Gibt es ein Grundprinzip, das sich hinter den real existierenden Dingen verbirgt oder handelt es sich um rein verstandesgemäße Begriffsbildungen? Glasklar sehen wir Schallenbergs Stillleben vor uns und doch bleiben sie restlos undurchsichtig. Im Verhältnis der Gegenstände zueinander, in ihren Konstellationen also, verbirgt sich das Rätsel des Unverfügbaren. So manche Labilität der Anordnung einiger Gegenstände beleuchtet möglicherweise unvermeidbare Veränderungsprozesse oder sogar die erneuernde und gestaltende Kraft der Zerstörung. Gleichzeitig erinnern die Stilleben aber auch an die Metaphysik, an einen Kosmos reich an Konstellationen, und voll von ungelösten Rätseln.
KUNSTWERKE MIRKO SCHALLENBERG
Mirko Schallenberg, Erdung, 2021, Stillleben, Öl auf Leinwand, 155 cm x 165 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Mirko Schallenberg, Morphe, 2019, Stillleben, Öl auf Leinwand, 146 cm × 160 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Mirko Schallenberg, Resonanz, 2020, Stillleben, Öl auf Leinwand, 165 cm x 160 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Mirko Schallenberg, Bedingung, 2023, Stillleben, Stillleben, 125 cm x 170 cm, Öl auf Leinwand, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Meisterschüler des Informel (von Hann Trier), hat sich bereits in den 1960er Jahren gegen die damalige Dogmatik der gegenstandslosen Abstraktion und für die entsprechend als radikal angesehene Stilrichtung der Gegenständlichkeit entschieden. Kaminski etablierte die Suche nach Wahrheit, ohne dabei an endgültigen Antworten festzuhalten, sogar als malerisches Prinzip: die vielschichtigen Ebenen in seiner zeichnerischen Malerei erneuern sich im verändernden Schaffensprozess und haben so Selbstzerstörung, als auch das stete Sich-Erneuern innewohnend. Kaminskis Bildmotive bearbeiten die Vergäng-lichkeit der Natur, polyperspektivische Sichtweisen auf Gegenstände, als auch die Sterblichkeit des Menschen. In häufig fragmentarisch-kubistischer Anmutung spielt die menschliche Figur vor allem in Kaminskis späteren Schaffensperioden die Hauptrolle. Insbesondere das widersprüchliche Spannungsfeld von Agilität und Stabilität, der ur-menschliche Widerspruch des Bedürfnisses nach Bindung und Freiheit hat es Kaminski angetan. In seiner eigenen Beschreibung von Ewigkeit kulminiert seine obsessive malerische Suche, die er tagein, tagaus in ganz preußischer Manier auf seinen Leinwänden festhält: „Das Paradies ist eine Mischung aus Totentanz und Glück.“
KUNSTWERKE MAX KAMINSKI
Max Kaminski, Notre Dame (Marseille), 2003, Öl auf Leinwand, 190 cm x 190 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Brautwerbung, 1999, Öl auf Leinwand, 160 cm x 160 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Empedokles (Marseille), 2001, Öl auf Leinwand, 190 cm x 140 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Max Kaminski, Schädel (Eisenband, Garten), 1977, Öl auf Leinwand, 160 cm x 150 cm, Preis auf Anfrage, Galerie Cyprian Brenner
Beide Maler kultivieren in ihren Arbeiten das Rätsel der Vergänglichkeit und so findet auch hierin die essenzielle Kulturtechnik Melancholie ihre Daseinsberechtigung. Die Melancholie ist deshalb essenziell, weil ihr eine Kraft innewohnt, die es uns erlaubt, Trauer zu kultivieren. Werden Trauerprozesse nicht genügend Raum geboten, können wir sie nicht abschließen und so scheitern wir gegebenenfalls bei der Suche, wieder
einen möglichen Anfang oder gar einen Sinn im Neubeginn zu finden.