SWG Kunstlexikon
PORZELLAN
(italienisch porcellana, ursprünglich der Name einer Meeresschnecke mit weißer Schale), ein feinkeramisches Erzeugnis, das aus einem Gemisch von Kaolin, Quarz und Feldspat besteht und durch Brennen gefestigt wird. Dabei werden je nach Porzellantyp Temperaturen zwischen 1000 und 1450°C verwendet. Ergebnis ist ein transparenter Scherben von größerer Dichte und Härte als bei Tonwaren, der beim Anschlagen hell klingt. Das erste Porzellan (Hartporzellan) entstand im 7. oder 8. Jahrhundert n. Chr. in China. In Europa wurde Porzellan erst im 18.Jahrhundert hergestellt. Dieses Weich- oder Frittenporzellan wies eine andere prozentuale Gewichtung der Basisstoffe auf. Auch wurde es bei niedrigeren Temperaturen gebrannt.
Ein dritter Porzellantyp ist das besonders weiße Knochenporzellan, welches durch Zugabe von Knochenasche entsteht. Knochenporzellan ist härter als Weichporzellan, hat aber eine geringere Dichte als Hartporzellan.
Die Porzellanmasse wird durch Pressen, Gießen oder Drehen geformt. Beim Pressen wird die weiche Porzellanmasse (der Schlicker) in Formen gepresst. Die so entstandenen Einzelteile können in getrocknetem Zustand mit flüssigem Tonschlamm aneinandergesetzt werden. Beim Gießen wird Tonschlamm in Formen gegossen, die das Wasser absorbieren, so dass eine Porzellanform entsteht. Beim Drehen wird die Porzellanmasse auf einer Töpferscheibe bearbeitet.
Unglasiertes, einfach gebranntes Porzellan ist als Biskuitporzellan bekannt. Häufiger wird jedoch vor dem ersten Brennen eine Feldspatglasur auf die Porzellanmasse aufgetragen, so dass eine glasige, porenfreie Oberfläche entsteht. Unterglasurfarben konnten nach dem ersten Brennen aufgetragen werden. Vor 1800 waren Blau (aus Kobalt) und Purpur (aus Mangan) die einzigen Farben, die bei den hohen Temperaturen des Garbrandes beständig waren. Aufglasurfarben (Dekoration mit Emailfarben) werden durch anschließendes Garbrennen bei etwa 830°C fixiert. Weichporzellan wird normalerweise mit Bleiglasuren glasiert, was einen zweiten Brenngang erfordert. Aufglasierte Emailpigmente benötigten sogar einen dritten Brenngang, was die Herstellungskosten beträchtlich erhöht.
Im Verlauf des 19.Jahrhunderts wurden neue Porzellansorten wie z.B. Parian- und Belleek-Porzellan entwickelt. Auch fand man zu innovativen Dekorationsverfahren wie dem pâte sur pâte – einer Methode, Porzellan reliefartig zu verzieren – und den so genannten Lithophanien, als Relief eingepressten Porzellanbildern.
Porzellan aus dem Orient
China
Die Erfindung des Porzellans in China – nahezu 1000 Jahre vor seiner Erstherstellung in Europa – erfolgte schrittweise und beruhte auf der langen Tradition der Keramikherstellung dort. Porzellanartikel sind seit der Tang-Zeit bekannt (618-907). Während der Song-Zeit (960-1279) entstanden elegant gestaltete Porzellanartikel mit Farbglasuren in Elfenbeintönen, Blassgrün und Blassblau, Rötlichbraun sowie in Schwarz. Die bedeutendsten Porzellanstücke hatten grünliche Glasur (Seladon).
Die ersten exportierten Stücke waren das bläulich glasierte Qingpai und das glänzend weiße Porzellan von Te Hua, das unter der Bezeichnung blanc de chine bekannt ist. Das einflussreichste Erzeugnis der chinesischen Porzellanmacher jedoch war das Porzellan mit Blaubemalung (frühes 14.Jahrhundert). Es erlebte seine Blütezeit während der Ming-Zeit (1368-1644). Diese preiswerten, qualitativ hoch stehenden Artikel wurden in großen Mengen hergestellt. Sie waren in ganz Europa äußerst begehrt.
Während der Ming-Zeit entwickelten die Chinesen auch eine Reihe von Dekortechniken mit Aufglasurfarben (mit oder ohne blaue Unterglasur). Manchmal wurden mehrere Techniken miteinander kombiniert.
Die Verzierung auf blauweißem und mehrfarbigem Porzellan spielte allmählich eine wichtigere Rolle als die Gestaltung der Gefäße selbst. Zumeist bestand sie aus Blumen- oder Baumdarstellungen (Pfingstrosen, Pflaumenbäume, Chrysanthemen, Kiefern und Lotosblumen). Aber auch Vögel, Schmetterlinge, Drachen und andere Tiere mit mythischer oder religiöser Bedeutung wurden festgehalten. Figürliche Darstellungen wurden alten Überlieferungen oder zeitgenössischen illustrierten Büchern entnommen.
Unter den Kaisern K’ang-hi (1662-1722) und Yongzheng (1722-1735) wurde das Blauweißporzellan weiterhin in großen Stückzahlen angefertigt. Außerdem stellten Manufakturen mehrfarbiges Porzellan in neuen Farben – famille verte (grün), famille jaune (gelb) und famille rose (rosa) – auch für den Export her. Bei einem Großteil des Porzellans aus dem 18.Jahrhundert, insbesondere aus der Regierungszeit von Qianlong (1736-1796), wurden Stile früherer Epochen auf hohem Niveau kopiert, was gemäß der chinesischen Tradition eine Ehrerbietung an die Vergangenheit darstellte.
Zunehmende Geschäftsverbindungen zwischen China und Europa im 17. und 18. Jahrhundert brachten einen Anstieg der Produktionsmengen mit sich. Dieses für den Export bestimmte Porzellan wurde mit bunten Szenen nach westlichen Drucken oder den Familienwappen der Auftraggeber verziert.
Korea
Die frühe koreanische Keramik stand noch stark unter chinesischem Einfluss. Vom 12. Jahrhundert an aber bildeten sich eigene Keramik- und Glasurstile aus. Dazu gehörte ein Seladonporzellan, welchem vor dem Glasieren schwarzer und weißer Tonschlamm beigegeben wurde. Außerdem wurde eine braune Unterglasur entwickelt. Im 13.Jahrhundert führten die Koreaner die kupferrote Unterglasurdekoration ein. Ab dem 15.Jahrhundert entstand feines Weißporzellan. Blaue Unterglasurmalerei wurde erst seit dem 18.Jahrhundert für große Stückzahlen verwendet.
Annam
Die südostasiatische Region Annam (heute Nordvietnam) spielte vom 14. bis zum 17. Jahrhundert eine wichtige Rolle bei der Porzellanherstellung: Grund war das reichhaltige Feldspat- und Kaolinvorkommen nahe Hanoi. Feines Blauweißporzellan entstand in Tho-ha und Bat Trang. Dieses erste Porzellan kam dem chinesischen sehr nahe. Während der Blütezeit des Annam-Porzellans im 15.Jahrhundert entstand jedoch ein eigenes Herstellungs- und Dekorierungsverfahren. Typisch für annamitisches Porzellan sind runde Dosen mit Deckeln und Gebrauchsgegenstände in Form von Tieren.
Japan
Nachdem im frühen 17.Jahrhundert Kaolin in Arita gefunden wurde, entstand die erste japanische Porzellanmanufaktur, die Blauweißporzellan und solches mit Seladon-, braunen und schwarzen Glasuren herstellte. Dieses Shoki-Imari genannte Porzellan wurde für kleine Teller, Platten, Schalen, Tassen und Flaschen verwendet, die unter chinesischem Einfluss standen.
Seit Mitte des 17.Jahrhunderts führten die Niederlande japanisches Porzellan in immer größeren Mengen über ihre Ostindische Kompanie nach Europa ein. Etwa zur selben Zeit entstanden auch Aufglasur-Emailfarben. Das Aritaporzellan wurde vom Hafen Imari verschifft, dessen Name seither für jenes gemusterte, mehrfarbig leuchtende Porzellan steht, das mit Goldverzierung versehen ist. Das Arita- oder Imariporzellan wurde bis zum Anfang des 19.Jahrhunderts hergestellt.
Ende des 17.Jahrhunderts wurde der Kakiemon-Stil eingeführt, der nach einer Emailmalerfamilie benannt wurde. Es ist durch mehrfarbige, asymmetrische Muster auf einer feinen, milchigweißen Oberfläche gekennzeichnet. Das Nabeshima-Porzellan der Folgezeit besteht hauptsächlich aus Repräsentationsstücken für den japanischen Adel. Diese Stücke waren von außergewöhnlicher Feinheit und mit mehrfarbiger Malerei auf blauer Unterglasur verziert. Kutani-Porzellan stammt ebenfalls aus dem späten 17.Jahrhundert. Hier ist eine Verzierung mit farbintensiven Mustern sowie mit Pflanzen- und Tiermotiven typisch.
Europäisches Porzellan
Nachdem das importierte Porzellan in Europa zum begehrten Sammelobjekt geworden war, wurden bald eigene Versuche zu seiner Herstellung unternommen. Frühe Experimente im 16.Jahrhundert wurden vor allem von den Medici in Florenz unterstützt: Hier glückte auch die erste Weichporzellanherstellung Europas. Im späten 17.Jahrhundert entstand Weichporzellan auch in Frankreich, besonders in Rouen und Saint-Cloud (hier unter der Schirmherrschaft des Herzogs von Orléans).
Der entscheidende Durchbruch bei der Porzellanherstellung gelang am Dresdener Hof August des Starken, dem Kurfürst von Sachsen. Als Kunstmäzen nahm er den Alchimisten Johann Friedrich Böttger in seine Dienste, wobei er ihn zwang, das Geheimnis der Porzellanherstellung herauszufinden. Gemeinsam mit dem Physiker und Mathematiker Ehrenfried Walther von Tschirnhaus stellte Böttger zunächst harte, rote Keramik (Böttgersteinzeug) her. 1708 gelang es ihm alleine, erstes weißes Porzellan herzustellen. Zwei Jahre später wurde im nahe gelegenen Meißen eine Porzellanmanufaktur gegründet, wo man die Porzellanmasse noch entscheidend verbessern konnte. Die Manufaktur besteht bis heute.
Unter Mitwirkung des Hofmalers Johann Gregor Höroldt (Höhepunkt seiner Schaffenszeit: 1720-1765) und des Bildhauers Johann Joachim Kändler (Höhepunkt seiner Schaffensperiode: 1731-1775) gelangen in Meißen hochwertige Porzellanfiguren, die das Meißener Porzellan beim europäischen Adel hochbegehrt werden ließen. Meißen wurde zum Vorbild der späteren Porzellanmanufakturen.
Höroldts kunstvolle Chinoiserien, Blumenmotive (indianische Blumen, deutsche Blumen), architektonische Darstellungen, Hafenansichten und Landschaftsentwürfe wurden auf Teegeschirr, Ess-Services sowie auf Vasen und Kannen kopiert, deren Formen oftmals Silbergefäßen nachempfunden waren. Höroldt kreierte u.a. das zeitlose Zwiebelmuster in blauer Unterglasurmalerei.
Kändler und seine Nachfolger schufen große Porzellanskulpturen für das japanische Palais August des Starken in Dresden. Sie waren es auch, die neue Rokokoformen für Tischgeschirr einführten und kleine Figuren – etwa der Commedia dell’arte – in Porzellan modellierten.
Im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) wurde die Meißener Manufaktur erheblich zerstört. Danach konnte man trotz der Anstrengungen von Graf Camillo Marcolini nach 1770 angesichts der starken Konkurrenz nicht mehr an die vorherigen Erfolge anknüpfen.
Anfang des 18.Jahrhunderts war es gelungen, das Geheimnis der Porzellanherstellung von Meißen auszuspionieren. Von dort gelangte es 1719 zur Wiener Manufaktur Du Paquier, 1720 dann zu Vezzi nach Venedig.
Das Repertoire von Du Paquier umfasste allerlei Gebrauchsgegenstände: Auch hier war die Form oft von Silbergeschirr übernommen. Diese Objekte waren mit Chinoiserien sowie mit Landschafts- und Blumenmotiven in kräftigen Farben verziert. Charakteristisch waren Umrahmungen in barocker, roter oder schwarzer Ornamentik, oftmals mit zusätzlicher Goldverzierung. 1744 wurde die Manufaktur von Kaiserin Maria Theresia aufgekauft. Von nun an herrschte der Rokokostil vor. Bemerkenswerte Porzellanfiguren entstanden unter dem führenden Modelleur Johann Josef Niedermeyer. Die für Wien typische plastische Form setzte sich im Klassizismus unter Anton Grassi fort. Die Manufaktur Du Paquier bestand bis 1864.
In der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts entstanden in Deutschland zahlreiche Porzellanmanufakturen unter königlicher oder fürstlicher Schirmherrschaft. Die wichtigsten waren Nymphenburg (1747 gegründet), Fürstenberg (1747 gegründet), Frankenthal (1755-1799) und Berlin (1752 gegründet). Der Einfluss Meißens blieb weit reichend spürbar – dennoch kreierten einzelne Maler und Modelleure ihren eigenen Stil. Hervorragend waren dabei Franz Anton Bustelli in Nymphenburg, Johann Peter Melchior in Höchst, Frankenthal und Nymphenburg, Konrad Linck und die Gebrüder Lück in Frankenthal, Simon Feilner in Höchst bzw. Fürstenberg sowie Wilhelm Beyer in Ludwigsburg. Kleinere Betriebe wurden u.a. in Ansbach, Gotha, Kassel und Fulda eingerichtet.
Eine bedeutende Porzellanmanufaktur in Italien war Cozzi in Venedig (1764-1812). Hier entstand bunt emailliertes Porzellan mit Blumen- und Wappenmotiven sowie mit Landschafts- und Figurenszenen. Auch wurden schön modellierte Figurengruppen hergestellt. Le Nove (um 1765-1825) stellte ähnliche Stücke her.
Auch eine von Marquis Carlo Ginori in Doccia bei Florenz gegründete Manufaktur (1746) fand ihren typischen Stil: Kannen mit stark geschwungenen Ausgießern und Teller mit stark plastisch hervorgehobenem Rand. Viele dieser Artikel wurden mit einer undurchsichtigen Bleioxidglasur überzogen. In Doccia fertigte man auch große religiöse Figurengruppen sowie Barockfiguren mit teils mythologischer Thematik. Zur Jahrhundertwende wurden dann Jugendstilfiguren hergestellt. 1896 wurde die Manufaktur in Richard-Ginori umbenannt und machte sich in den fünfziger Jahren mit innovativem Design einen Namen.
Eine königliche Manufaktur in Capodimonte nahe Neapel wurde 1743 zur Herstellung von Weichporzellan in Meißener Tradition gegründet. So entstanden Nippsachen, Schnupftabaksdosen und verschiedenste Porzellanfiguren. Viele davon wurden von Giuseppe Gricci entworfen, der eine Vorliebe für maritime Motive hatte. 1759, als der König den spanischen Thron bestieg, wurde die Manufaktur nach Buen Retiro bei Madrid verlegt. Besonders spektakulär waren die Porzellanräume, die für die Paläste in Portici, in Aranjuez und in Madrid angefertigt wurden. Spätere Stücke aus Buen Retiro und einer wiedereröffneten Manufaktur in Neapel (1771-1806) waren hauptsächlich im klassizistischen Stil gehalten.
Die 1775 in Kopenhagen gegründete Porzellanmanufaktur wurde für ihr hochwertiges Blauweißporzellan – etwa für das Flora-Danica-Service mit Pflanzenmotiven und für Hartporzellanfiguren – bekannt. In Schweden begann Rörstrand (1725 gegründet) Mitte des 19.Jahrhunderts mit der Herstellung von Knochenporzellan und wandte sich später der Herstellung von Hartporzellan zu. Beide Manufakturen bestehen bis heute.
In der zaristischen Manufaktur in Sankt Petersburg, welche 1744 gegründet wurde, war die Herstellung von Geschirr und Bauernfiguren vorherrschend. In einem um 1765 gegründeten Unternehmen wurde diese Tradition fortgesetzt. Ähnliche Fabriken in und um Moskau folgten.
Frankreich
Die Weichporzellanmanufaktur von Saint-Cloud stellte 1766 ihren Betrieb ein. Zu diesem Zeitpunkt war ihr Rezept für Porzellanmasse zu mehreren Konkurrenten durchgedrungen. So waren die Manufakturen des Prinzen von Condé und des Herzogs von Villeroy in Chantilly (1726-1800) bzw. Mennecy (1748-1806) in der Lage, hochwertiges Porzellan zu produzieren. Beide standen zunächst unter orientalischem und unter Meißener Einfluss, entwickelten aber bald ihren eigenen Stil der Blumenmalerei und Figurenmodellierung.
Eine Manufaktur in Vincennes (Gründung: 1738) konnte bereits Ende der vierziger Jahre Weichporzellan fertigen: Von hier aus kam die Technik 1756 nach Sèvres. Diese Manufaktur erhielt zahlreiche Aufträge von LudwigXV. und seinen Mätressen Madame de Pompadour und Madame du Barry. Führende Künstler des königlichen Hofes, so der Goldschmied Claude Duplessis, die Bildhauer Claude-Michel Clodion und Jean Antoine Houdon sowie die Maler Jean-Baptiste Oudry und François Boucher, waren hier angestellt. Schließlich gelang es Sèvres, Meißen seine Vorrangstellung abzugewinnen.
In Sèvres wurde sowohl glasiertes als auch Biskuitporzellan hergestellt. Naturalistisch gefertigte Porzellanblumen mit Metallstängeln waren ihre Spezialität. Diese wurden in großen Vasen mit Blumenmotiven drapiert. Gemalte Blumen in Körben, Sträußen und Girlanden waren eines der beliebtesten Dekors, entweder in zarten Unifarben oder reich koloriert. Vögel und Landschaften wurden auch auf weißes Porzellan aufgemalt und mit Goldumrandung versehen.
In Sèvres entwickelten Spezialisten spezielle Farben, darunter Blautöne (gros bleu bzw. bleu lapis), ein Türkis (bleu celeste), ein Hellrosa (rose Pompadour), ein Grün und ein Gelb. Der farbige Untergrund der Porzellanarbeiten war oftmals gesprenkelt oder golden marmoriert. Um 1770 trat der verspielte Rokokostil zugunsten einer klassizistischen Eleganz zurück. Neuartig waren Porzellanplatten, die mit Schmelzmalerei (zumeist Blumenmotive) verziert waren und die in luxuriöse Möbelstücke eingesetzt wurden.
Nach der Entdeckung von Kaolinvorkommen in der Gegend um Limoges wurde in Sèvres auch Hartporzellan hergestellt. Die Weichporzellanproduktion wurde erst im frühen 19.Jahrhundert unter Direktor Alexandre Brogniart eingestellt, der die einstmalige Vorrangstellung der nunmehr kaiserlichen Manufaktur wiederherstellte. Es entstanden artifizielle Tafelservices mit Landschaftsmotiven oder patriotischen Szenen. Dunkle Untergründe mit reichlicher Goldverzierung waren damals sehr beliebt.
Die durch die Mitarbeit berühmter Künstler im 19.Jahrhundert gewonnene Stellung büßte Sèvres im 20.Jahrhundert wieder ein, als man daranging, Stil und Technik des 18.Jahrhunderts zu imitieren.
In Limoges selbst wurde seit 1771 Hartporzellan aus einheimischem Kaolin gefertigt. Der Comte d’Artois gab zwischen 1773 und 1777 u.a. Teeservices mit goldgezacktem Rand und naturalistischer Blumenmalerei in Auftrag, wie sie für die Epoche typisch waren. 1784 wurde die Manufaktur vom König aufgekauft und an Sèvres angeschlossen. Während der Französischen Revolution wurde sie geschlossen. In Limoges wurden später mehrere Porzellanmanufakturen gegründet: Noch heute ist die Stadt ein Zentrum der Keramikherstellung in Frankreich.
Im letzten Viertel des 18.Jahrhunderts stellten zahlreiche Hersteller in und um Paris hochwertiges Hartporzellan her. Die meisten wurden mit Hilfe adeliger Mäzene gegründet – einige überlebten bis weit ins 19.Jahrhundert hinein.
England
In England begann die Porzellanherstellung (zunächst ausschließlich Weichporzellan) Mitte des 18.Jahrhunderts. Im Gegensatz zu den königlichen Manufakturen auf dem europäischen Festland waren die englischen Manufakturen Handelsunternehmen zur Herstellung von Gebrauchsgeschirr und einfachen Dekorationsartikeln.
Die Manufaktur in Chelsea (um 1745-1784) war eine der bedeutendsten Englands. Neben Figuren wurden verschiedene Tee-, Kaffee- und Essgeschirre hergestellt. Typisch für Chelsea-Porzellan waren Terrinen in Tier- oder Pflanzenform, Riechfläschchen, Etuis, Schnupftabaksdosen und Bonbonnieren. 1769 wurde die Manufaktur an William Duesbury aus Derby verkauft. Nachdem eine Zeit lang unter dem Namen Chelsea-Derby weiterproduziert worden war, wurde sie geschlossen.
Eine in der Manufaktur von Bow (1744-1776) entwickelte Porzellanmasse enthielt Knochenasche und war fester als die anderen Porzellane der damaligen Zeit, was sie für die Massenproduktion von Alltagsgütern geeignet machte. Produziert wurde hauptsächlich Blauweißporzellan im orientalischen Stil. Auch bemaltes Bow-Porzellan im japanischen Stil kam auf den Markt, ebenso Bühnen- und Gedenkfiguren. Das Porzellan wurde erstmals seriell bedruckt, nicht handbemalt.
Benjamin Lund in Bristol (1748-1752) stellte als erster eine Art von Hartporzellan aus Speckstein her. Das blauweiße Worcester-Tafelporzellan wurde, mit orientalischen Mustern und europäischen Motiven bedruckt, in Serie hergestellt. Die Beschäftigung von hervorragenden Porzellanmalern wie James Giles (1718-1780), William Billingsley (1758-1828), Thomas Baxter (1782-1821), Thomas Bott (1829-1870) und John Stinton (1854-1956) trug zum nachhaltigen Prestige von Worcester bei.
Die erfolgreiche Entwicklung des Knochenporzellans durch die Spode-Manufaktur in Stoke-on-Trent (gegründet 1776) sicherte dieser eine Vorrangstellung unter den kommerziellen Porzellanherstellern. So entstanden im frühen 19.Jahrhundert einige schlichte Serien im spätklassizistischen so genannten Regency style. Während der Viktorianischen Epoche war auch die Minton-Manufaktur erfolgreich, welche 1796 gegründet wurde und bis heute besteht. Bedeutend für die Produktion von Porzellanmassenware waren außerdem Manufakturen in Davenport (um 1793-1887), Wedgwood (1812-1822), Ridgway, New Hall und Rockingham.
Die Vereinigten Staaten
Die erste amerikanische Porzellanmanufaktur wurde erst 1825 von William Ellis Tucker gegründet. Er und seine Nachfolger in Philadelphia stellten Knochen- und Hartporzellan her, das an englisches bzw. an Sèvres-Porzellan erinnerte. Später entstanden Manufakturen in Greenpoint (Long Island), Bennington (Vermont) und Trenton (New Jersey).
PORZELLAN
(italienisch porcellana, ursprünglich der Name einer Meeresschnecke mit weißer Schale), ein feinkeramisches Erzeugnis, das aus einem Gemisch von Kaolin, Quarz und Feldspat besteht und durch Brennen gefestigt wird. Dabei werden je nach Porzellantyp Temperaturen zwischen 1000 und 1450°C verwendet. Ergebnis ist ein transparenter Scherben von größerer Dichte und Härte als bei Tonwaren, der beim Anschlagen hell klingt. Das erste Porzellan (Hartporzellan) entstand im 7. oder 8. Jahrhundert n. Chr. in China. In Europa wurde Porzellan erst im 18.Jahrhundert hergestellt. Dieses Weich- oder Frittenporzellan wies eine andere prozentuale Gewichtung der Basisstoffe auf. Auch wurde es bei niedrigeren Temperaturen gebrannt.
Ein dritter Porzellantyp ist das besonders weiße Knochenporzellan, welches durch Zugabe von Knochenasche entsteht. Knochenporzellan ist härter als Weichporzellan, hat aber eine geringere Dichte als Hartporzellan.
Die Porzellanmasse wird durch Pressen, Gießen oder Drehen geformt. Beim Pressen wird die weiche Porzellanmasse (der Schlicker) in Formen gepresst. Die so entstandenen Einzelteile können in getrocknetem Zustand mit flüssigem Tonschlamm aneinandergesetzt werden. Beim Gießen wird Tonschlamm in Formen gegossen, die das Wasser absorbieren, so dass eine Porzellanform entsteht. Beim Drehen wird die Porzellanmasse auf einer Töpferscheibe bearbeitet.
Unglasiertes, einfach gebranntes Porzellan ist als Biskuitporzellan bekannt. Häufiger wird jedoch vor dem ersten Brennen eine Feldspatglasur auf die Porzellanmasse aufgetragen, so dass eine glasige, porenfreie Oberfläche entsteht. Unterglasurfarben konnten nach dem ersten Brennen aufgetragen werden. Vor 1800 waren Blau (aus Kobalt) und Purpur (aus Mangan) die einzigen Farben, die bei den hohen Temperaturen des Garbrandes beständig waren. Aufglasurfarben (Dekoration mit Emailfarben) werden durch anschließendes Garbrennen bei etwa 830°C fixiert. Weichporzellan wird normalerweise mit Bleiglasuren glasiert, was einen zweiten Brenngang erfordert. Aufglasierte Emailpigmente benötigten sogar einen dritten Brenngang, was die Herstellungskosten beträchtlich erhöht.
Im Verlauf des 19.Jahrhunderts wurden neue Porzellansorten wie z.B. Parian- und Belleek-Porzellan entwickelt. Auch fand man zu innovativen Dekorationsverfahren wie dem pâte sur pâte – einer Methode, Porzellan reliefartig zu verzieren – und den so genannten Lithophanien, als Relief eingepressten Porzellanbildern.
Porzellan aus dem Orient
China
Die Erfindung des Porzellans in China – nahezu 1000 Jahre vor seiner Erstherstellung in Europa – erfolgte schrittweise und beruhte auf der langen Tradition der Keramikherstellung dort. Porzellanartikel sind seit der Tang-Zeit bekannt (618-907). Während der Song-Zeit (960-1279) entstanden elegant gestaltete Porzellanartikel mit Farbglasuren in Elfenbeintönen, Blassgrün und Blassblau, Rötlichbraun sowie in Schwarz. Die bedeutendsten Porzellanstücke hatten grünliche Glasur (Seladon).
Die ersten exportierten Stücke waren das bläulich glasierte Qingpai und das glänzend weiße Porzellan von Te Hua, das unter der Bezeichnung blanc de chine bekannt ist. Das einflussreichste Erzeugnis der chinesischen Porzellanmacher jedoch war das Porzellan mit Blaubemalung (frühes 14.Jahrhundert). Es erlebte seine Blütezeit während der Ming-Zeit (1368-1644). Diese preiswerten, qualitativ hoch stehenden Artikel wurden in großen Mengen hergestellt. Sie waren in ganz Europa äußerst begehrt.
Während der Ming-Zeit entwickelten die Chinesen auch eine Reihe von Dekortechniken mit Aufglasurfarben (mit oder ohne blaue Unterglasur). Manchmal wurden mehrere Techniken miteinander kombiniert.
Die Verzierung auf blauweißem und mehrfarbigem Porzellan spielte allmählich eine wichtigere Rolle als die Gestaltung der Gefäße selbst. Zumeist bestand sie aus Blumen- oder Baumdarstellungen (Pfingstrosen, Pflaumenbäume, Chrysanthemen, Kiefern und Lotosblumen). Aber auch Vögel, Schmetterlinge, Drachen und andere Tiere mit mythischer oder religiöser Bedeutung wurden festgehalten. Figürliche Darstellungen wurden alten Überlieferungen oder zeitgenössischen illustrierten Büchern entnommen.
Unter den Kaisern K’ang-hi (1662-1722) und Yongzheng (1722-1735) wurde das Blauweißporzellan weiterhin in großen Stückzahlen angefertigt. Außerdem stellten Manufakturen mehrfarbiges Porzellan in neuen Farben – famille verte (grün), famille jaune (gelb) und famille rose (rosa) – auch für den Export her. Bei einem Großteil des Porzellans aus dem 18.Jahrhundert, insbesondere aus der Regierungszeit von Qianlong (1736-1796), wurden Stile früherer Epochen auf hohem Niveau kopiert, was gemäß der chinesischen Tradition eine Ehrerbietung an die Vergangenheit darstellte.
Zunehmende Geschäftsverbindungen zwischen China und Europa im 17. und 18. Jahrhundert brachten einen Anstieg der Produktionsmengen mit sich. Dieses für den Export bestimmte Porzellan wurde mit bunten Szenen nach westlichen Drucken oder den Familienwappen der Auftraggeber verziert.
Korea
Die frühe koreanische Keramik stand noch stark unter chinesischem Einfluss. Vom 12. Jahrhundert an aber bildeten sich eigene Keramik- und Glasurstile aus. Dazu gehörte ein Seladonporzellan, welchem vor dem Glasieren schwarzer und weißer Tonschlamm beigegeben wurde. Außerdem wurde eine braune Unterglasur entwickelt. Im 13.Jahrhundert führten die Koreaner die kupferrote Unterglasurdekoration ein. Ab dem 15.Jahrhundert entstand feines Weißporzellan. Blaue Unterglasurmalerei wurde erst seit dem 18.Jahrhundert für große Stückzahlen verwendet.
Annam
Die südostasiatische Region Annam (heute Nordvietnam) spielte vom 14. bis zum 17. Jahrhundert eine wichtige Rolle bei der Porzellanherstellung: Grund war das reichhaltige Feldspat- und Kaolinvorkommen nahe Hanoi. Feines Blauweißporzellan entstand in Tho-ha und Bat Trang. Dieses erste Porzellan kam dem chinesischen sehr nahe. Während der Blütezeit des Annam-Porzellans im 15.Jahrhundert entstand jedoch ein eigenes Herstellungs- und Dekorierungsverfahren. Typisch für annamitisches Porzellan sind runde Dosen mit Deckeln und Gebrauchsgegenstände in Form von Tieren.
Japan
Nachdem im frühen 17.Jahrhundert Kaolin in Arita gefunden wurde, entstand die erste japanische Porzellanmanufaktur, die Blauweißporzellan und solches mit Seladon-, braunen und schwarzen Glasuren herstellte. Dieses Shoki-Imari genannte Porzellan wurde für kleine Teller, Platten, Schalen, Tassen und Flaschen verwendet, die unter chinesischem Einfluss standen.
Seit Mitte des 17.Jahrhunderts führten die Niederlande japanisches Porzellan in immer größeren Mengen über ihre Ostindische Kompanie nach Europa ein. Etwa zur selben Zeit entstanden auch Aufglasur-Emailfarben. Das Aritaporzellan wurde vom Hafen Imari verschifft, dessen Name seither für jenes gemusterte, mehrfarbig leuchtende Porzellan steht, das mit Goldverzierung versehen ist. Das Arita- oder Imariporzellan wurde bis zum Anfang des 19.Jahrhunderts hergestellt.
Ende des 17.Jahrhunderts wurde der Kakiemon-Stil eingeführt, der nach einer Emailmalerfamilie benannt wurde. Es ist durch mehrfarbige, asymmetrische Muster auf einer feinen, milchigweißen Oberfläche gekennzeichnet. Das Nabeshima-Porzellan der Folgezeit besteht hauptsächlich aus Repräsentationsstücken für den japanischen Adel. Diese Stücke waren von außergewöhnlicher Feinheit und mit mehrfarbiger Malerei auf blauer Unterglasur verziert. Kutani-Porzellan stammt ebenfalls aus dem späten 17.Jahrhundert. Hier ist eine Verzierung mit farbintensiven Mustern sowie mit Pflanzen- und Tiermotiven typisch.
Europäisches Porzellan
Nachdem das importierte Porzellan in Europa zum begehrten Sammelobjekt geworden war, wurden bald eigene Versuche zu seiner Herstellung unternommen. Frühe Experimente im 16.Jahrhundert wurden vor allem von den Medici in Florenz unterstützt: Hier glückte auch die erste Weichporzellanherstellung Europas. Im späten 17.Jahrhundert entstand Weichporzellan auch in Frankreich, besonders in Rouen und Saint-Cloud (hier unter der Schirmherrschaft des Herzogs von Orléans).
Der entscheidende Durchbruch bei der Porzellanherstellung gelang am Dresdener Hof August des Starken, dem Kurfürst von Sachsen. Als Kunstmäzen nahm er den Alchimisten Johann Friedrich Böttger in seine Dienste, wobei er ihn zwang, das Geheimnis der Porzellanherstellung herauszufinden. Gemeinsam mit dem Physiker und Mathematiker Ehrenfried Walther von Tschirnhaus stellte Böttger zunächst harte, rote Keramik (Böttgersteinzeug) her. 1708 gelang es ihm alleine, erstes weißes Porzellan herzustellen. Zwei Jahre später wurde im nahe gelegenen Meißen eine Porzellanmanufaktur gegründet, wo man die Porzellanmasse noch entscheidend verbessern konnte. Die Manufaktur besteht bis heute.
Unter Mitwirkung des Hofmalers Johann Gregor Höroldt (Höhepunkt seiner Schaffenszeit: 1720-1765) und des Bildhauers Johann Joachim Kändler (Höhepunkt seiner Schaffensperiode: 1731-1775) gelangen in Meißen hochwertige Porzellanfiguren, die das Meißener Porzellan beim europäischen Adel hochbegehrt werden ließen. Meißen wurde zum Vorbild der späteren Porzellanmanufakturen.
Höroldts kunstvolle Chinoiserien, Blumenmotive (indianische Blumen, deutsche Blumen), architektonische Darstellungen, Hafenansichten und Landschaftsentwürfe wurden auf Teegeschirr, Ess-Services sowie auf Vasen und Kannen kopiert, deren Formen oftmals Silbergefäßen nachempfunden waren. Höroldt kreierte u.a. das zeitlose Zwiebelmuster in blauer Unterglasurmalerei.
Kändler und seine Nachfolger schufen große Porzellanskulpturen für das japanische Palais August des Starken in Dresden. Sie waren es auch, die neue Rokokoformen für Tischgeschirr einführten und kleine Figuren – etwa der Commedia dell’arte – in Porzellan modellierten.
Im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) wurde die Meißener Manufaktur erheblich zerstört. Danach konnte man trotz der Anstrengungen von Graf Camillo Marcolini nach 1770 angesichts der starken Konkurrenz nicht mehr an die vorherigen Erfolge anknüpfen.
Anfang des 18.Jahrhunderts war es gelungen, das Geheimnis der Porzellanherstellung von Meißen auszuspionieren. Von dort gelangte es 1719 zur Wiener Manufaktur Du Paquier, 1720 dann zu Vezzi nach Venedig.
Das Repertoire von Du Paquier umfasste allerlei Gebrauchsgegenstände: Auch hier war die Form oft von Silbergeschirr übernommen. Diese Objekte waren mit Chinoiserien sowie mit Landschafts- und Blumenmotiven in kräftigen Farben verziert. Charakteristisch waren Umrahmungen in barocker, roter oder schwarzer Ornamentik, oftmals mit zusätzlicher Goldverzierung. 1744 wurde die Manufaktur von Kaiserin Maria Theresia aufgekauft. Von nun an herrschte der Rokokostil vor. Bemerkenswerte Porzellanfiguren entstanden unter dem führenden Modelleur Johann Josef Niedermeyer. Die für Wien typische plastische Form setzte sich im Klassizismus unter Anton Grassi fort. Die Manufaktur Du Paquier bestand bis 1864.
In der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts entstanden in Deutschland zahlreiche Porzellanmanufakturen unter königlicher oder fürstlicher Schirmherrschaft. Die wichtigsten waren Nymphenburg (1747 gegründet), Fürstenberg (1747 gegründet), Frankenthal (1755-1799) und Berlin (1752 gegründet). Der Einfluss Meißens blieb weit reichend spürbar – dennoch kreierten einzelne Maler und Modelleure ihren eigenen Stil. Hervorragend waren dabei Franz Anton Bustelli in Nymphenburg, Johann Peter Melchior in Höchst, Frankenthal und Nymphenburg, Konrad Linck und die Gebrüder Lück in Frankenthal, Simon Feilner in Höchst bzw. Fürstenberg sowie Wilhelm Beyer in Ludwigsburg. Kleinere Betriebe wurden u.a. in Ansbach, Gotha, Kassel und Fulda eingerichtet.
Eine bedeutende Porzellanmanufaktur in Italien war Cozzi in Venedig (1764-1812). Hier entstand bunt emailliertes Porzellan mit Blumen- und Wappenmotiven sowie mit Landschafts- und Figurenszenen. Auch wurden schön modellierte Figurengruppen hergestellt. Le Nove (um 1765-1825) stellte ähnliche Stücke her.
Auch eine von Marquis Carlo Ginori in Doccia bei Florenz gegründete Manufaktur (1746) fand ihren typischen Stil: Kannen mit stark geschwungenen Ausgießern und Teller mit stark plastisch hervorgehobenem Rand. Viele dieser Artikel wurden mit einer undurchsichtigen Bleioxidglasur überzogen. In Doccia fertigte man auch große religiöse Figurengruppen sowie Barockfiguren mit teils mythologischer Thematik. Zur Jahrhundertwende wurden dann Jugendstilfiguren hergestellt. 1896 wurde die Manufaktur in Richard-Ginori umbenannt und machte sich in den fünfziger Jahren mit innovativem Design einen Namen.
Eine königliche Manufaktur in Capodimonte nahe Neapel wurde 1743 zur Herstellung von Weichporzellan in Meißener Tradition gegründet. So entstanden Nippsachen, Schnupftabaksdosen und verschiedenste Porzellanfiguren. Viele davon wurden von Giuseppe Gricci entworfen, der eine Vorliebe für maritime Motive hatte. 1759, als der König den spanischen Thron bestieg, wurde die Manufaktur nach Buen Retiro bei Madrid verlegt. Besonders spektakulär waren die Porzellanräume, die für die Paläste in Portici, in Aranjuez und in Madrid angefertigt wurden. Spätere Stücke aus Buen Retiro und einer wiedereröffneten Manufaktur in Neapel (1771-1806) waren hauptsächlich im klassizistischen Stil gehalten.
Die 1775 in Kopenhagen gegründete Porzellanmanufaktur wurde für ihr hochwertiges Blauweißporzellan – etwa für das Flora-Danica-Service mit Pflanzenmotiven und für Hartporzellanfiguren – bekannt. In Schweden begann Rörstrand (1725 gegründet) Mitte des 19.Jahrhunderts mit der Herstellung von Knochenporzellan und wandte sich später der Herstellung von Hartporzellan zu. Beide Manufakturen bestehen bis heute.
In der zaristischen Manufaktur in Sankt Petersburg, welche 1744 gegründet wurde, war die Herstellung von Geschirr und Bauernfiguren vorherrschend. In einem um 1765 gegründeten Unternehmen wurde diese Tradition fortgesetzt. Ähnliche Fabriken in und um Moskau folgten.
Frankreich
Die Weichporzellanmanufaktur von Saint-Cloud stellte 1766 ihren Betrieb ein. Zu diesem Zeitpunkt war ihr Rezept für Porzellanmasse zu mehreren Konkurrenten durchgedrungen. So waren die Manufakturen des Prinzen von Condé und des Herzogs von Villeroy in Chantilly (1726-1800) bzw. Mennecy (1748-1806) in der Lage, hochwertiges Porzellan zu produzieren. Beide standen zunächst unter orientalischem und unter Meißener Einfluss, entwickelten aber bald ihren eigenen Stil der Blumenmalerei und Figurenmodellierung.
Eine Manufaktur in Vincennes (Gründung: 1738) konnte bereits Ende der vierziger Jahre Weichporzellan fertigen: Von hier aus kam die Technik 1756 nach Sèvres. Diese Manufaktur erhielt zahlreiche Aufträge von LudwigXV. und seinen Mätressen Madame de Pompadour und Madame du Barry. Führende Künstler des königlichen Hofes, so der Goldschmied Claude Duplessis, die Bildhauer Claude-Michel Clodion und Jean Antoine Houdon sowie die Maler Jean-Baptiste Oudry und François Boucher, waren hier angestellt. Schließlich gelang es Sèvres, Meißen seine Vorrangstellung abzugewinnen.
In Sèvres wurde sowohl glasiertes als auch Biskuitporzellan hergestellt. Naturalistisch gefertigte Porzellanblumen mit Metallstängeln waren ihre Spezialität. Diese wurden in großen Vasen mit Blumenmotiven drapiert. Gemalte Blumen in Körben, Sträußen und Girlanden waren eines der beliebtesten Dekors, entweder in zarten Unifarben oder reich koloriert. Vögel und Landschaften wurden auch auf weißes Porzellan aufgemalt und mit Goldumrandung versehen.
In Sèvres entwickelten Spezialisten spezielle Farben, darunter Blautöne (gros bleu bzw. bleu lapis), ein Türkis (bleu celeste), ein Hellrosa (rose Pompadour), ein Grün und ein Gelb. Der farbige Untergrund der Porzellanarbeiten war oftmals gesprenkelt oder golden marmoriert. Um 1770 trat der verspielte Rokokostil zugunsten einer klassizistischen Eleganz zurück. Neuartig waren Porzellanplatten, die mit Schmelzmalerei (zumeist Blumenmotive) verziert waren und die in luxuriöse Möbelstücke eingesetzt wurden.
Nach der Entdeckung von Kaolinvorkommen in der Gegend um Limoges wurde in Sèvres auch Hartporzellan hergestellt. Die Weichporzellanproduktion wurde erst im frühen 19.Jahrhundert unter Direktor Alexandre Brogniart eingestellt, der die einstmalige Vorrangstellung der nunmehr kaiserlichen Manufaktur wiederherstellte. Es entstanden artifizielle Tafelservices mit Landschaftsmotiven oder patriotischen Szenen. Dunkle Untergründe mit reichlicher Goldverzierung waren damals sehr beliebt.
Die durch die Mitarbeit berühmter Künstler im 19.Jahrhundert gewonnene Stellung büßte Sèvres im 20.Jahrhundert wieder ein, als man daranging, Stil und Technik des 18.Jahrhunderts zu imitieren.
In Limoges selbst wurde seit 1771 Hartporzellan aus einheimischem Kaolin gefertigt. Der Comte d’Artois gab zwischen 1773 und 1777 u.a. Teeservices mit goldgezacktem Rand und naturalistischer Blumenmalerei in Auftrag, wie sie für die Epoche typisch waren. 1784 wurde die Manufaktur vom König aufgekauft und an Sèvres angeschlossen. Während der Französischen Revolution wurde sie geschlossen. In Limoges wurden später mehrere Porzellanmanufakturen gegründet: Noch heute ist die Stadt ein Zentrum der Keramikherstellung in Frankreich.
Im letzten Viertel des 18.Jahrhunderts stellten zahlreiche Hersteller in und um Paris hochwertiges Hartporzellan her. Die meisten wurden mit Hilfe adeliger Mäzene gegründet – einige überlebten bis weit ins 19.Jahrhundert hinein.
England
In England begann die Porzellanherstellung (zunächst ausschließlich Weichporzellan) Mitte des 18.Jahrhunderts. Im Gegensatz zu den königlichen Manufakturen auf dem europäischen Festland waren die englischen Manufakturen Handelsunternehmen zur Herstellung von Gebrauchsgeschirr und einfachen Dekorationsartikeln.
Die Manufaktur in Chelsea (um 1745-1784) war eine der bedeutendsten Englands. Neben Figuren wurden verschiedene Tee-, Kaffee- und Essgeschirre hergestellt. Typisch für Chelsea-Porzellan waren Terrinen in Tier- oder Pflanzenform, Riechfläschchen, Etuis, Schnupftabaksdosen und Bonbonnieren. 1769 wurde die Manufaktur an William Duesbury aus Derby verkauft. Nachdem eine Zeit lang unter dem Namen Chelsea-Derby weiterproduziert worden war, wurde sie geschlossen.
Eine in der Manufaktur von Bow (1744-1776) entwickelte Porzellanmasse enthielt Knochenasche und war fester als die anderen Porzellane der damaligen Zeit, was sie für die Massenproduktion von Alltagsgütern geeignet machte. Produziert wurde hauptsächlich Blauweißporzellan im orientalischen Stil. Auch bemaltes Bow-Porzellan im japanischen Stil kam auf den Markt, ebenso Bühnen- und Gedenkfiguren. Das Porzellan wurde erstmals seriell bedruckt, nicht handbemalt.
Benjamin Lund in Bristol (1748-1752) stellte als erster eine Art von Hartporzellan aus Speckstein her. Das blauweiße Worcester-Tafelporzellan wurde, mit orientalischen Mustern und europäischen Motiven bedruckt, in Serie hergestellt. Die Beschäftigung von hervorragenden Porzellanmalern wie James Giles (1718-1780), William Billingsley (1758-1828), Thomas Baxter (1782-1821), Thomas Bott (1829-1870) und John Stinton (1854-1956) trug zum nachhaltigen Prestige von Worcester bei.
Die erfolgreiche Entwicklung des Knochenporzellans durch die Spode-Manufaktur in Stoke-on-Trent (gegründet 1776) sicherte dieser eine Vorrangstellung unter den kommerziellen Porzellanherstellern. So entstanden im frühen 19.Jahrhundert einige schlichte Serien im spätklassizistischen so genannten Regency style. Während der Viktorianischen Epoche war auch die Minton-Manufaktur erfolgreich, welche 1796 gegründet wurde und bis heute besteht. Bedeutend für die Produktion von Porzellanmassenware waren außerdem Manufakturen in Davenport (um 1793-1887), Wedgwood (1812-1822), Ridgway, New Hall und Rockingham.
Die Vereinigten Staaten
Die erste amerikanische Porzellanmanufaktur wurde erst 1825 von William Ellis Tucker gegründet. Er und seine Nachfolger in Philadelphia stellten Knochen- und Hartporzellan her, das an englisches bzw. an Sèvres-Porzellan erinnerte. Später entstanden Manufakturen in Greenpoint (Long Island), Bennington (Vermont) und Trenton (New Jersey).
PORZELLAN
(italienisch porcellana, ursprünglich der Name einer Meeresschnecke mit weißer Schale), ein feinkeramisches Erzeugnis, das aus einem Gemisch von Kaolin, Quarz und Feldspat besteht und durch Brennen gefestigt wird. Dabei werden je nach Porzellantyp Temperaturen zwischen 1000 und 1450°C verwendet. Ergebnis ist ein transparenter Scherben von größerer Dichte und Härte als bei Tonwaren, der beim Anschlagen hell klingt. Das erste Porzellan (Hartporzellan) entstand im 7. oder 8. Jahrhundert n. Chr. in China. In Europa wurde Porzellan erst im 18.Jahrhundert hergestellt. Dieses Weich- oder Frittenporzellan wies eine andere prozentuale Gewichtung der Basisstoffe auf. Auch wurde es bei niedrigeren Temperaturen gebrannt.
Ein dritter Porzellantyp ist das besonders weiße Knochenporzellan, welches durch Zugabe von Knochenasche entsteht. Knochenporzellan ist härter als Weichporzellan, hat aber eine geringere Dichte als Hartporzellan.
Die Porzellanmasse wird durch Pressen, Gießen oder Drehen geformt. Beim Pressen wird die weiche Porzellanmasse (der Schlicker) in Formen gepresst. Die so entstandenen Einzelteile können in getrocknetem Zustand mit flüssigem Tonschlamm aneinandergesetzt werden. Beim Gießen wird Tonschlamm in Formen gegossen, die das Wasser absorbieren, so dass eine Porzellanform entsteht. Beim Drehen wird die Porzellanmasse auf einer Töpferscheibe bearbeitet.
Unglasiertes, einfach gebranntes Porzellan ist als Biskuitporzellan bekannt. Häufiger wird jedoch vor dem ersten Brennen eine Feldspatglasur auf die Porzellanmasse aufgetragen, so dass eine glasige, porenfreie Oberfläche entsteht. Unterglasurfarben konnten nach dem ersten Brennen aufgetragen werden. Vor 1800 waren Blau (aus Kobalt) und Purpur (aus Mangan) die einzigen Farben, die bei den hohen Temperaturen des Garbrandes beständig waren. Aufglasurfarben (Dekoration mit Emailfarben) werden durch anschließendes Garbrennen bei etwa 830°C fixiert. Weichporzellan wird normalerweise mit Bleiglasuren glasiert, was einen zweiten Brenngang erfordert. Aufglasierte Emailpigmente benötigten sogar einen dritten Brenngang, was die Herstellungskosten beträchtlich erhöht.
Im Verlauf des 19.Jahrhunderts wurden neue Porzellansorten wie z.B. Parian- und Belleek-Porzellan entwickelt. Auch fand man zu innovativen Dekorationsverfahren wie dem pâte sur pâte – einer Methode, Porzellan reliefartig zu verzieren – und den so genannten Lithophanien, als Relief eingepressten Porzellanbildern.
Porzellan aus dem Orient
China
Die Erfindung des Porzellans in China – nahezu 1000 Jahre vor seiner Erstherstellung in Europa – erfolgte schrittweise und beruhte auf der langen Tradition der Keramikherstellung dort. Porzellanartikel sind seit der Tang-Zeit bekannt (618-907). Während der Song-Zeit (960-1279) entstanden elegant gestaltete Porzellanartikel mit Farbglasuren in Elfenbeintönen, Blassgrün und Blassblau, Rötlichbraun sowie in Schwarz. Die bedeutendsten Porzellanstücke hatten grünliche Glasur (Seladon).
Die ersten exportierten Stücke waren das bläulich glasierte Qingpai und das glänzend weiße Porzellan von Te Hua, das unter der Bezeichnung blanc de chine bekannt ist. Das einflussreichste Erzeugnis der chinesischen Porzellanmacher jedoch war das Porzellan mit Blaubemalung (frühes 14.Jahrhundert). Es erlebte seine Blütezeit während der Ming-Zeit (1368-1644). Diese preiswerten, qualitativ hoch stehenden Artikel wurden in großen Mengen hergestellt. Sie waren in ganz Europa äußerst begehrt.
Während der Ming-Zeit entwickelten die Chinesen auch eine Reihe von Dekortechniken mit Aufglasurfarben (mit oder ohne blaue Unterglasur). Manchmal wurden mehrere Techniken miteinander kombiniert.
Die Verzierung auf blauweißem und mehrfarbigem Porzellan spielte allmählich eine wichtigere Rolle als die Gestaltung der Gefäße selbst. Zumeist bestand sie aus Blumen- oder Baumdarstellungen (Pfingstrosen, Pflaumenbäume, Chrysanthemen, Kiefern und Lotosblumen). Aber auch Vögel, Schmetterlinge, Drachen und andere Tiere mit mythischer oder religiöser Bedeutung wurden festgehalten. Figürliche Darstellungen wurden alten Überlieferungen oder zeitgenössischen illustrierten Büchern entnommen.
Unter den Kaisern K’ang-hi (1662-1722) und Yongzheng (1722-1735) wurde das Blauweißporzellan weiterhin in großen Stückzahlen angefertigt. Außerdem stellten Manufakturen mehrfarbiges Porzellan in neuen Farben – famille verte (grün), famille jaune (gelb) und famille rose (rosa) – auch für den Export her. Bei einem Großteil des Porzellans aus dem 18.Jahrhundert, insbesondere aus der Regierungszeit von Qianlong (1736-1796), wurden Stile früherer Epochen auf hohem Niveau kopiert, was gemäß der chinesischen Tradition eine Ehrerbietung an die Vergangenheit darstellte.
Zunehmende Geschäftsverbindungen zwischen China und Europa im 17. und 18. Jahrhundert brachten einen Anstieg der Produktionsmengen mit sich. Dieses für den Export bestimmte Porzellan wurde mit bunten Szenen nach westlichen Drucken oder den Familienwappen der Auftraggeber verziert.
Korea
Die frühe koreanische Keramik stand noch stark unter chinesischem Einfluss. Vom 12. Jahrhundert an aber bildeten sich eigene Keramik- und Glasurstile aus. Dazu gehörte ein Seladonporzellan, welchem vor dem Glasieren schwarzer und weißer Tonschlamm beigegeben wurde. Außerdem wurde eine braune Unterglasur entwickelt. Im 13.Jahrhundert führten die Koreaner die kupferrote Unterglasurdekoration ein. Ab dem 15.Jahrhundert entstand feines Weißporzellan. Blaue Unterglasurmalerei wurde erst seit dem 18.Jahrhundert für große Stückzahlen verwendet.
Annam
Die südostasiatische Region Annam (heute Nordvietnam) spielte vom 14. bis zum 17. Jahrhundert eine wichtige Rolle bei der Porzellanherstellung: Grund war das reichhaltige Feldspat- und Kaolinvorkommen nahe Hanoi. Feines Blauweißporzellan entstand in Tho-ha und Bat Trang. Dieses erste Porzellan kam dem chinesischen sehr nahe. Während der Blütezeit des Annam-Porzellans im 15.Jahrhundert entstand jedoch ein eigenes Herstellungs- und Dekorierungsverfahren. Typisch für annamitisches Porzellan sind runde Dosen mit Deckeln und Gebrauchsgegenstände in Form von Tieren.
Japan
Nachdem im frühen 17.Jahrhundert Kaolin in Arita gefunden wurde, entstand die erste japanische Porzellanmanufaktur, die Blauweißporzellan und solches mit Seladon-, braunen und schwarzen Glasuren herstellte. Dieses Shoki-Imari genannte Porzellan wurde für kleine Teller, Platten, Schalen, Tassen und Flaschen verwendet, die unter chinesischem Einfluss standen.
Seit Mitte des 17.Jahrhunderts führten die Niederlande japanisches Porzellan in immer größeren Mengen über ihre Ostindische Kompanie nach Europa ein. Etwa zur selben Zeit entstanden auch Aufglasur-Emailfarben. Das Aritaporzellan wurde vom Hafen Imari verschifft, dessen Name seither für jenes gemusterte, mehrfarbig leuchtende Porzellan steht, das mit Goldverzierung versehen ist. Das Arita- oder Imariporzellan wurde bis zum Anfang des 19.Jahrhunderts hergestellt.
Ende des 17.Jahrhunderts wurde der Kakiemon-Stil eingeführt, der nach einer Emailmalerfamilie benannt wurde. Es ist durch mehrfarbige, asymmetrische Muster auf einer feinen, milchigweißen Oberfläche gekennzeichnet. Das Nabeshima-Porzellan der Folgezeit besteht hauptsächlich aus Repräsentationsstücken für den japanischen Adel. Diese Stücke waren von außergewöhnlicher Feinheit und mit mehrfarbiger Malerei auf blauer Unterglasur verziert. Kutani-Porzellan stammt ebenfalls aus dem späten 17.Jahrhundert. Hier ist eine Verzierung mit farbintensiven Mustern sowie mit Pflanzen- und Tiermotiven typisch.
Europäisches Porzellan
Nachdem das importierte Porzellan in Europa zum begehrten Sammelobjekt geworden war, wurden bald eigene Versuche zu seiner Herstellung unternommen. Frühe Experimente im 16.Jahrhundert wurden vor allem von den Medici in Florenz unterstützt: Hier glückte auch die erste Weichporzellanherstellung Europas. Im späten 17.Jahrhundert entstand Weichporzellan auch in Frankreich, besonders in Rouen und Saint-Cloud (hier unter der Schirmherrschaft des Herzogs von Orléans).
Der entscheidende Durchbruch bei der Porzellanherstellung gelang am Dresdener Hof August des Starken, dem Kurfürst von Sachsen. Als Kunstmäzen nahm er den Alchimisten Johann Friedrich Böttger in seine Dienste, wobei er ihn zwang, das Geheimnis der Porzellanherstellung herauszufinden. Gemeinsam mit dem Physiker und Mathematiker Ehrenfried Walther von Tschirnhaus stellte Böttger zunächst harte, rote Keramik (Böttgersteinzeug) her. 1708 gelang es ihm alleine, erstes weißes Porzellan herzustellen. Zwei Jahre später wurde im nahe gelegenen Meißen eine Porzellanmanufaktur gegründet, wo man die Porzellanmasse noch entscheidend verbessern konnte. Die Manufaktur besteht bis heute.
Unter Mitwirkung des Hofmalers Johann Gregor Höroldt (Höhepunkt seiner Schaffenszeit: 1720-1765) und des Bildhauers Johann Joachim Kändler (Höhepunkt seiner Schaffensperiode: 1731-1775) gelangen in Meißen hochwertige Porzellanfiguren, die das Meißener Porzellan beim europäischen Adel hochbegehrt werden ließen. Meißen wurde zum Vorbild der späteren Porzellanmanufakturen.
Höroldts kunstvolle Chinoiserien, Blumenmotive (indianische Blumen, deutsche Blumen), architektonische Darstellungen, Hafenansichten und Landschaftsentwürfe wurden auf Teegeschirr, Ess-Services sowie auf Vasen und Kannen kopiert, deren Formen oftmals Silbergefäßen nachempfunden waren. Höroldt kreierte u.a. das zeitlose Zwiebelmuster in blauer Unterglasurmalerei.
Kändler und seine Nachfolger schufen große Porzellanskulpturen für das japanische Palais August des Starken in Dresden. Sie waren es auch, die neue Rokokoformen für Tischgeschirr einführten und kleine Figuren – etwa der Commedia dell’arte – in Porzellan modellierten.
Im Siebenjährigen Krieg (1756-1763) wurde die Meißener Manufaktur erheblich zerstört. Danach konnte man trotz der Anstrengungen von Graf Camillo Marcolini nach 1770 angesichts der starken Konkurrenz nicht mehr an die vorherigen Erfolge anknüpfen.
Anfang des 18.Jahrhunderts war es gelungen, das Geheimnis der Porzellanherstellung von Meißen auszuspionieren. Von dort gelangte es 1719 zur Wiener Manufaktur Du Paquier, 1720 dann zu Vezzi nach Venedig.
Das Repertoire von Du Paquier umfasste allerlei Gebrauchsgegenstände: Auch hier war die Form oft von Silbergeschirr übernommen. Diese Objekte waren mit Chinoiserien sowie mit Landschafts- und Blumenmotiven in kräftigen Farben verziert. Charakteristisch waren Umrahmungen in barocker, roter oder schwarzer Ornamentik, oftmals mit zusätzlicher Goldverzierung. 1744 wurde die Manufaktur von Kaiserin Maria Theresia aufgekauft. Von nun an herrschte der Rokokostil vor. Bemerkenswerte Porzellanfiguren entstanden unter dem führenden Modelleur Johann Josef Niedermeyer. Die für Wien typische plastische Form setzte sich im Klassizismus unter Anton Grassi fort. Die Manufaktur Du Paquier bestand bis 1864.
In der zweiten Hälfte des 18.Jahrhunderts entstanden in Deutschland zahlreiche Porzellanmanufakturen unter königlicher oder fürstlicher Schirmherrschaft. Die wichtigsten waren Nymphenburg (1747 gegründet), Fürstenberg (1747 gegründet), Frankenthal (1755-1799) und Berlin (1752 gegründet). Der Einfluss Meißens blieb weit reichend spürbar – dennoch kreierten einzelne Maler und Modelleure ihren eigenen Stil. Hervorragend waren dabei Franz Anton Bustelli in Nymphenburg, Johann Peter Melchior in Höchst, Frankenthal und Nymphenburg, Konrad Linck und die Gebrüder Lück in Frankenthal, Simon Feilner in Höchst bzw. Fürstenberg sowie Wilhelm Beyer in Ludwigsburg. Kleinere Betriebe wurden u.a. in Ansbach, Gotha, Kassel und Fulda eingerichtet.
Eine bedeutende Porzellanmanufaktur in Italien war Cozzi in Venedig (1764-1812). Hier entstand bunt emailliertes Porzellan mit Blumen- und Wappenmotiven sowie mit Landschafts- und Figurenszenen. Auch wurden schön modellierte Figurengruppen hergestellt. Le Nove (um 1765-1825) stellte ähnliche Stücke her.
Auch eine von Marquis Carlo Ginori in Doccia bei Florenz gegründete Manufaktur (1746) fand ihren typischen Stil: Kannen mit stark geschwungenen Ausgießern und Teller mit stark plastisch hervorgehobenem Rand. Viele dieser Artikel wurden mit einer undurchsichtigen Bleioxidglasur überzogen. In Doccia fertigte man auch große religiöse Figurengruppen sowie Barockfiguren mit teils mythologischer Thematik. Zur Jahrhundertwende wurden dann Jugendstilfiguren hergestellt. 1896 wurde die Manufaktur in Richard-Ginori umbenannt und machte sich in den fünfziger Jahren mit innovativem Design einen Namen.
Eine königliche Manufaktur in Capodimonte nahe Neapel wurde 1743 zur Herstellung von Weichporzellan in Meißener Tradition gegründet. So entstanden Nippsachen, Schnupftabaksdosen und verschiedenste Porzellanfiguren. Viele davon wurden von Giuseppe Gricci entworfen, der eine Vorliebe für maritime Motive hatte. 1759, als der König den spanischen Thron bestieg, wurde die Manufaktur nach Buen Retiro bei Madrid verlegt. Besonders spektakulär waren die Porzellanräume, die für die Paläste in Portici, in Aranjuez und in Madrid angefertigt wurden. Spätere Stücke aus Buen Retiro und einer wiedereröffneten Manufaktur in Neapel (1771-1806) waren hauptsächlich im klassizistischen Stil gehalten.
Die 1775 in Kopenhagen gegründete Porzellanmanufaktur wurde für ihr hochwertiges Blauweißporzellan – etwa für das Flora-Danica-Service mit Pflanzenmotiven und für Hartporzellanfiguren – bekannt. In Schweden begann Rörstrand (1725 gegründet) Mitte des 19.Jahrhunderts mit der Herstellung von Knochenporzellan und wandte sich später der Herstellung von Hartporzellan zu. Beide Manufakturen bestehen bis heute.
In der zaristischen Manufaktur in Sankt Petersburg, welche 1744 gegründet wurde, war die Herstellung von Geschirr und Bauernfiguren vorherrschend. In einem um 1765 gegründeten Unternehmen wurde diese Tradition fortgesetzt. Ähnliche Fabriken in und um Moskau folgten.
Frankreich
Die Weichporzellanmanufaktur von Saint-Cloud stellte 1766 ihren Betrieb ein. Zu diesem Zeitpunkt war ihr Rezept für Porzellanmasse zu mehreren Konkurrenten durchgedrungen. So waren die Manufakturen des Prinzen von Condé und des Herzogs von Villeroy in Chantilly (1726-1800) bzw. Mennecy (1748-1806) in der Lage, hochwertiges Porzellan zu produzieren. Beide standen zunächst unter orientalischem und unter Meißener Einfluss, entwickelten aber bald ihren eigenen Stil der Blumenmalerei und Figurenmodellierung.
Eine Manufaktur in Vincennes (Gründung: 1738) konnte bereits Ende der vierziger Jahre Weichporzellan fertigen: Von hier aus kam die Technik 1756 nach Sèvres. Diese Manufaktur erhielt zahlreiche Aufträge von LudwigXV. und seinen Mätressen Madame de Pompadour und Madame du Barry. Führende Künstler des königlichen Hofes, so der Goldschmied Claude Duplessis, die Bildhauer Claude-Michel Clodion und Jean Antoine Houdon sowie die Maler Jean-Baptiste Oudry und François Boucher, waren hier angestellt. Schließlich gelang es Sèvres, Meißen seine Vorrangstellung abzugewinnen.
In Sèvres wurde sowohl glasiertes als auch Biskuitporzellan hergestellt. Naturalistisch gefertigte Porzellanblumen mit Metallstängeln waren ihre Spezialität. Diese wurden in großen Vasen mit Blumenmotiven drapiert. Gemalte Blumen in Körben, Sträußen und Girlanden waren eines der beliebtesten Dekors, entweder in zarten Unifarben oder reich koloriert. Vögel und Landschaften wurden auch auf weißes Porzellan aufgemalt und mit Goldumrandung versehen.
In Sèvres entwickelten Spezialisten spezielle Farben, darunter Blautöne (gros bleu bzw. bleu lapis), ein Türkis (bleu celeste), ein Hellrosa (rose Pompadour), ein Grün und ein Gelb. Der farbige Untergrund der Porzellanarbeiten war oftmals gesprenkelt oder golden marmoriert. Um 1770 trat der verspielte Rokokostil zugunsten einer klassizistischen Eleganz zurück. Neuartig waren Porzellanplatten, die mit Schmelzmalerei (zumeist Blumenmotive) verziert waren und die in luxuriöse Möbelstücke eingesetzt wurden.
Nach der Entdeckung von Kaolinvorkommen in der Gegend um Limoges wurde in Sèvres auch Hartporzellan hergestellt. Die Weichporzellanproduktion wurde erst im frühen 19.Jahrhundert unter Direktor Alexandre Brogniart eingestellt, der die einstmalige Vorrangstellung der nunmehr kaiserlichen Manufaktur wiederherstellte. Es entstanden artifizielle Tafelservices mit Landschaftsmotiven oder patriotischen Szenen. Dunkle Untergründe mit reichlicher Goldverzierung waren damals sehr beliebt.
Die durch die Mitarbeit berühmter Künstler im 19.Jahrhundert gewonnene Stellung büßte Sèvres im 20.Jahrhundert wieder ein, als man daranging, Stil und Technik des 18.Jahrhunderts zu imitieren.
In Limoges selbst wurde seit 1771 Hartporzellan aus einheimischem Kaolin gefertigt. Der Comte d’Artois gab zwischen 1773 und 1777 u.a. Teeservices mit goldgezacktem Rand und naturalistischer Blumenmalerei in Auftrag, wie sie für die Epoche typisch waren. 1784 wurde die Manufaktur vom König aufgekauft und an Sèvres angeschlossen. Während der Französischen Revolution wurde sie geschlossen. In Limoges wurden später mehrere Porzellanmanufakturen gegründet: Noch heute ist die Stadt ein Zentrum der Keramikherstellung in Frankreich.
Im letzten Viertel des 18.Jahrhunderts stellten zahlreiche Hersteller in und um Paris hochwertiges Hartporzellan her. Die meisten wurden mit Hilfe adeliger Mäzene gegründet – einige überlebten bis weit ins 19.Jahrhundert hinein.
England
In England begann die Porzellanherstellung (zunächst ausschließlich Weichporzellan) Mitte des 18.Jahrhunderts. Im Gegensatz zu den königlichen Manufakturen auf dem europäischen Festland waren die englischen Manufakturen Handelsunternehmen zur Herstellung von Gebrauchsgeschirr und einfachen Dekorationsartikeln.
Die Manufaktur in Chelsea (um 1745-1784) war eine der bedeutendsten Englands. Neben Figuren wurden verschiedene Tee-, Kaffee- und Essgeschirre hergestellt. Typisch für Chelsea-Porzellan waren Terrinen in Tier- oder Pflanzenform, Riechfläschchen, Etuis, Schnupftabaksdosen und Bonbonnieren. 1769 wurde die Manufaktur an William Duesbury aus Derby verkauft. Nachdem eine Zeit lang unter dem Namen Chelsea-Derby weiterproduziert worden war, wurde sie geschlossen.
Eine in der Manufaktur von Bow (1744-1776) entwickelte Porzellanmasse enthielt Knochenasche und war fester als die anderen Porzellane der damaligen Zeit, was sie für die Massenproduktion von Alltagsgütern geeignet machte. Produziert wurde hauptsächlich Blauweißporzellan im orientalischen Stil. Auch bemaltes Bow-Porzellan im japanischen Stil kam auf den Markt, ebenso Bühnen- und Gedenkfiguren. Das Porzellan wurde erstmals seriell bedruckt, nicht handbemalt.
Benjamin Lund in Bristol (1748-1752) stellte als erster eine Art von Hartporzellan aus Speckstein her. Das blauweiße Worcester-Tafelporzellan wurde, mit orientalischen Mustern und europäischen Motiven bedruckt, in Serie hergestellt. Die Beschäftigung von hervorragenden Porzellanmalern wie James Giles (1718-1780), William Billingsley (1758-1828), Thomas Baxter (1782-1821), Thomas Bott (1829-1870) und John Stinton (1854-1956) trug zum nachhaltigen Prestige von Worcester bei.
Die erfolgreiche Entwicklung des Knochenporzellans durch die Spode-Manufaktur in Stoke-on-Trent (gegründet 1776) sicherte dieser eine Vorrangstellung unter den kommerziellen Porzellanherstellern. So entstanden im frühen 19.Jahrhundert einige schlichte Serien im spätklassizistischen so genannten Regency style. Während der Viktorianischen Epoche war auch die Minton-Manufaktur erfolgreich, welche 1796 gegründet wurde und bis heute besteht. Bedeutend für die Produktion von Porzellanmassenware waren außerdem Manufakturen in Davenport (um 1793-1887), Wedgwood (1812-1822), Ridgway, New Hall und Rockingham.
Die Vereinigten Staaten
Die erste amerikanische Porzellanmanufaktur wurde erst 1825 von William Ellis Tucker gegründet. Er und seine Nachfolger in Philadelphia stellten Knochen- und Hartporzellan her, das an englisches bzw. an Sèvres-Porzellan erinnerte. Später entstanden Manufakturen in Greenpoint (Long Island), Bennington (Vermont) und Trenton (New Jersey).